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Immobilien nur noch für Vermögende?

Fast geräuschlos, dafür aber mit bereits merklich bedrohlichen Auswirkungen für Baufinanzierungen, wurde im März 2016 die neue Richtlinie für Immobilienkredite in Kraft gesetzt. Besonders zwei Kernpunkte der Richtlinie bescheren Privatpersonen und Unternehmen, welche nicht über besonders hohe und langfristig sichere Einnahmen oder ein umfangreiches Sicherheiten-Potential verfügen, große Probleme bei der Immobilienfinanzierung. Erstens soll der Kreditgeber sicher stellen, dass der Darlehnsnehmer wirklich in der Lage ist über den gesamten Finanzierungszeitraum seinen Kredit zurück zu zahlen. Natürlich möchte jeder seriöse Kreditnehmer seine Verbindlichkeiten tilgen, aber weder er noch die Banken können in die „Glaskugel“ schauen und über viele Jahre bzw. Jahrzehnte die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung zielsicher bestimmen. Trotzdem sollen die Kreditinstitute den Aufsichtsbehörden gegenüber nachweisen, dass sie umfängliche Nachprüfungen angestellt haben, um die dauerhafte Fähigkeit des Kreditnehmers zur Tilgung seiner Schulden nachzuweisen. Für den Fall, dass ein Darlehn nicht bedient werden kann, erhöht sich für die Bank das Risiko selbst für den entstandenen Schaden haften zu müssen. Kreditgeber werden daher logischerweise aus Eigenschutz die Messlatte an die Bonität ihrer Kunden noch weiter drastisch nach oben setzen. Schon in der Vergangenheit war es für den klassischen „Häuslebauer“ mit durchschnittlicher Einkommenssituation oder Unternehmen mit eher bescheidenen Renditen ein schwieriges Unterfangen an Baukredite zu gelangen. Sollte die Richtlinie mit einer Reihe von Unsicherheiten durch Auslegungsspielräume unverändert bleiben, dürfte für viele der Erwerb einer Immobilie im Land der Phantasie enden. Grundbesitz wird dann ein Privileg institutioneller Großinvestoren und vermögender Privatleute. Zweitens werden Kreditgeber Immobilien zukünftig noch zurückhaltender bewerten. Die gesetzliche Regelung besagt, dass sowohl bankinterne als auch externe freie Gutachter, die zur Bewertung einer Immobilie herangezogen werden, über eine fundierte fachliche Eignung verfügen müssen. Um eine unparteiische Bewertung der Immobile zu garantieren, müssen sie im Verfahren der Darlehnsvergabe unabhängig sein. Auch wenn dies alles richtig erscheint, wird es zwischen Kreditgeber und Darlehnsnehmer verstärkt zu unterschiedlichen Einschätzungen über den angemessenen Wert einer Immobilie führen. TH 10-2016