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Panama Papers

Das profitable Geschäft mit Briefkasenfirmen

Briefkastenfirmen und Offshore Dienste
Ein Datenleck bei einem Verwalter von Briefkastenfirmen in Panama bringt nach Recherchen internationaler Medien Spitzenpolitiker und Sportstars in Erklärungsnot. Insgesamt gehe es um 11,5 Millionen Dokumente zu 214.000 Briefkastenfirmen, die von einer Kanzlei aus Panama gegründet worden seien. Zu den Profiteuren der Offshore-Dienste zählen den Berichten zufolge zwölf frühere und amtierende Staats- und Regierungschefs und 128 weitere Politiker, aber auch internationale Finanzinstitute, darunter deutsche Banken oder ihre Töchter. Die Recherchen zu den Panama Papers basieren auf einem Datenleck bei der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca. Deren Chef Ramón Fonseca Mora wehrt sich gegen die Vorwürfe. Laut ARD umfassen die von rund 400 Journalisten über ein Jahr hinweg ausgewerteten Unterlagen E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge, Passkopien und weitere Dokumente. Insgesamt gehe es um ein Datenvolumen von 2,6 Terabyte und mehr als elf Millionen Dokumente.

Wie wurden die Machenschaften entdeckt
Die beiden Journalisten Bastian Obermayer und Frederik Obermaier erläutern in Ihrem Buch „Panama Papers – Die Geschichte einer weltweiten Enthüllung“ wie Sie mit journalistischem Spürsinn die versteckten Milliarden von Wirtschaftsfunktionären, politisch und gesellschaftlich verantwortlichen Persönlichkeiten und Superreichen fanden.

Unter der Tarnidentität John Doe wurden investigativen Journalisten,  geheime Daten angeboten. Bei größeren Datenmengen ist die Chance groß, dass eine gute Geschichte dahintersteckt. Daten sind erst einmal da und sind überprüfbar. Die wenigen guten Quellen erkennt man sofort.  Schlechte Quellen sind an ihren wirren Informationen und eben solcher Mails zu erkennen.

Der Whistleblower „John Doe“

Erstmals nach der Veröffentlichung der Panama Papers hat sich der verantwortliche Whistleblower zu Wort gemeldet. Die anonyme Quelle nennt sich "John Doe". In einer Art Manifest in der Süddeutschen Zeitung (SZ) erklärt er seine Motive und rechnet mit der Gesellschaft ab. Die von ihm angestoßenen Veröffentlichungen zeigten: Politik, Justiz und Medien hätten jahrelang versagt, der "ethische Niedergang" der Gesellschaft sei die Folge. Er ruft die Verantwortlichen zum Handeln auf. Die übermittelten 2,6 Terrabyte vertraulicher Daten wertete die Zeitung unter anderem zusammen mit dem Internationalen Konsortium für Investigativen Journalismus (ICIJ) aus. Die Veröffentlichung der Panama Papers führte zu Ermittlungen auf der ganzen Welt und einer internationalen Debatte über Steueroasen und Geldwäsche. Der Whistleblower schreibt, dass er weder für eine Regierung noch einen Geheimdienst arbeite. Die von ihm geleakten Dokumente würden auf Betrug und Korruption in großem Stil hinweisen. Er habe sie veröffentlicht, damit die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Damit meint er vor allem die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, die systematisch vorsätzlich gegen Gesetze verstoßen habe. Er sagte, das Briefkastenfirmen nicht immer illegal seien, aber eben häufig dazu dienten, Verbrechen zu begehen. Die Inhaber bzw. Nutzer von Briefkastenfirmen wollen oftmals Geschäfte verschleiern. Es geht vielfach darum, etwas entweder vor dem Finazamt, dem ehemaligen Partner oder der Öffentlichkeit zu verstecken. Dazu gehören z.B. Bankkonten, Beteiligungen, Aktien, Wertpapiere oder Gemälde.

Was ist eine Briefkastenfirma und wofür wird sie genutzt?

Eine Briefkastenfirma ist eine Gesellschaft, die an ihrem satzungsmäßigen Sitz (beispielsweise Panama) nur einen Briefkasten - also eine Postanschrift - unterhält. Die Geschäftsführung findet jedoch woanders statt. Die Firma profitiert also von teils laxen Gesetzen in Ländern wie Panama, den Cayman Islands oder Jersey.

Meist versuchen Unternehmer damit, sowohl den eigentlichen Standort als auch die Inhaberschaft zu verschleiern. Teilweise geschieht dies aus Steuergründen (auch Steuerhinterziehung), teilweise wegen krimineller Geschäfte (bspw. Waffenhandel) oder weil die Inhaber schlichtweg ihr Vermögen und ihre Geschäfte verbergen wollen. Durch Briefkastenfirmen lässt sich ein komplexes Unternehmenskonstrukt aufbauen, das durch Finanzämter weder kontrolliert noch durchschaut werden kann. Mit solchen Firmen lässt sich beispielsweise auch Haftung umgehen.

Prominente und viele Spuren im Panama Paper Skandal

Unter den Betroffenen finden sich viele sehr prominente Namen. Einige reagieren nervös und gereizt - der Kreml sieht eine Attacke gegen Wladimir Putin. Die Spuren nach Moskau seien Propaganda des Westens. Briefkastenfirmen zu betreiben sind an sich keine Straftaten, sehr oft dienen diese Offshore-Firmen allerdings kriminellen Zwecken. In den "Panama Papers" finden sich Hinweise auf Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Verschleierung von Korruption und Umgehung von UN-Sanktionen. Keine Umgebung, in der man als Politiker oder Prominenter auftauchen möchte. Dementsprechend harsch fallen die Reaktionen aus. Experten und die mit der Recherche betrauten Journalisten haben noch weitere brisante Enthüllungen angekündigt. Auch internationale Finanzinstitute zählen angeblich zum Offshore-Kartell. Erste Andeutungen lassen darauf schließen, dass insbesondere Bankern und Managern schlaflose Nächte bevorstehen.

Viele Länder weltweit sind betroffen

Das größte Daten-Leak, das Journalisten je entdeckt haben, bringt viele Länder in Erklärungsnot. Die F.A.Z.-Korrespondenten haben sich weltweit auf die Suche gemacht. Ein Überblick über den aktuellen Stand der Affäre – von Argentinien bis in die Tschechische Republik, von China bis nach Venezuela.

Argentinien: Viel Ärger für Macri und Kirchner
Australien: Alles wegen der Rohstoffe
Brasilien: Tief im Petrobas-Sumpf versunken
Chile: Transparency-Chef tritt wegen Panama Papers zurück
China: Mächtige Familien unter Druck
Ecuador: Geldwäsche und andere „Wunder“
Frankreich: Die Le Pens in Erklärungsnot
Großbritannien: Verwicklungen seines Vaters setzen Cameron unter Druck
Guinea: Besonders dreiste Korruption rund ums Erz
Indien: Die Oberschicht im Visier
Israel: Auch der Name Scharon taucht auf
Italien: Auch Inter Mailand steht auf der Liste
Kolumbien: Der Schwager und das Dutzend
Kongo-Kinshasa: Vor allem eine Bank im Visier
Malaysia: Wieder die Familie des Regierungschefs
Österreich: Verbindungen zu Poroschenko und Putin
Pakistan: Ärger für Regierungschef Nawaz Sharif
Peru: Panama wird zur Gefahr für Präsidentschafts-Favoritin
Russland: Der Cellisten-Freund des Präsidenten
Schweiz: Mehr als 34.000 Offshore-Konstrukte vermittelt
Slowakei: Kaum Aufregung über das Gewohnte
Spanien: Frau von EU-Energiekommissar betroffen
Südafrika: Die Spur führt zu Zumas Neffen
Tschechische Republik: Knapp 300 Tschechen im Visier
Ukraine: Die „Peanuts“ des Präsidenten
Ungarn: Zwei Lager, beide Panama

Das Belastungsmaterial

Die Unterlagen umfassen E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge, Passkopien und weitere Dokumente. Die ältesten sollen 40 Jahre alt sein. Es finden sich auch deutsche Namen in den Daten. Zu den Profiteuren der exklusiven Dienste sollen neben Superstars aus dem Sport zwölf Staatsoberhäupter und 128 weitere Politiker gehören. Bei der „Tagesschau“ heißt es, die Unterlagen ermöglichten es nachzuvollziehen, „wie Siemens-Manager die Dienste genutzt haben, um mutmaßlich Schwarzgelder in die eigene Tasche umzuleiten.

Die Kanzlei Mossack Fonseca und ihre Sicht der Dinge.

Die Kanzlei Mossack Fonseca bietet die Gründung und Verwaltung von Offshorefirmen und Rechtsberatung unter anderem in den Bereichen Finanzen, geistiges Eigentum und öffentliche Ausschreibungen an. Sie setzt zudem Treuhandfonds und private Stiftungen auf und verwaltet sie. Die Kanzlei hat angeblich weltweit illegale Steuergeschäfte organisiert. Die Kanzlei ist demnach in Belize, den Niederlanden, Costa Rica, Großbritannien, Malta, Hong Kong, Zypern, den Britischen Jungfern-Inseln, Bahamas, Panama, Anguilla, Seychellen, Samoa und den US-Bundesstaaten Nevada und Wyoming tätig. Einen Tag hat die Kanzlei Mossack Fonseca abgewartet, jetzt sind die Finanzanwälte aus Panama zum Gegenangriff übergegangen: Es stellte ein komplettes Informationsportal ins Internet und äußerte sich dort erstmals offiziell und umfassend zu den Vorwürfen über undurchsichtige Finanzgeschäfte mit Briefkastenfirmen.

Die Kanzlei wehrt sich gegen die Vorwürfe im Zusammenhang mit den "Panama Papers" und hält die Abschöpfung der Daten für strafbar. Auf der nun ins Netz gestellten Internetseite finden sich Fragen und Antworten zu dem Geschäftsmodell der Kanzlei, ein Interview mit Teilhaber Ramón Fonseca Mora und ein wissenschaftlicher Fachartikel zu bestimmten Rechtsfiguren in Panama. Der frühere Präsidentenberater führt das Unternehmen gemeinsam mit dem deutschstämmigen Rechtsanwalt Jürgen Mossack. „Diese Berichte stützen sich auf Vermutungen und Stereotypen“, teilte die Kanzlei zudem in einer vierseitigen Stellungnahme mit. Mossack Fonseca sehe sich in ein falsches Licht gerückt. Der Öffentlichkeit fehle das Fachwissen, um „die Arbeit von Firmen wie uns“ richtig einordnen zu können.

Die Kanzlei halte sich an internationale Standards, um weitestmöglich sicherzustellen, dass von ihr gegründete Gesellschaften nicht zur Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Terrorfinanzierung oder für andere kriminelle Zwecke genutzt würden. „Wir bieten auch keine Lösungen an, die den Zweck haben, ungesetzliche Handlungen wie Steuerhinterziehung zu verbergen“, heißt es in der Stellungnahme. Die unter dem Schlagwort „Panama Papers“ ausgewerteten Dokumente würden zeigen, dass Mossack Fonseca „kompromittierten Personen“ oder solchen, die benötigte Informationen zurückhielten, seine Dienste verweigere. "90 Prozent der Kunden sind professionelle Zwischenhändler"

Die Kanzlei gründe die Gesellschaften lediglich und verkaufe sie dann an Banken, Treuhänder und Vermögensverwalter. "90 Prozent unserer Klienten sind professionelle Zwischenhändler, die die Gesellschaften an die Endkunden weiterverkaufen. Diese geraten manchmal in Probleme. Das passiert leider", sagte Fonseca. Er verglich seine Kanzlei mit einem Automobilhersteller. Verübe jemand einen Raubüberfall mit einem Fahrzeug, sei schließlich auch nicht der Autofabrikant dafür verantwortlich. "Heute eine Gesellschaft zu verkaufen, ist fast so gefährlich wie mit Uran zu handeln", sagte Fonseca. "Panama Papers": Mehrere tausend Deutsche nutzten Briefkastenfirmen. Die Kanzlei Mossack Fonseca geht nun auch strafrechtlich gegen die Verantwortlichen des Datenlecks vor, das zu den Enthüllungen Tausender Briefkastenfirmen geführt hat. Die Kanzlei hegt offenbar einen Verdacht - Äußerungen legen nahe, dass es sich dabei nicht um einen eigenen Mitarbeiter handelt.

Der Finanzplatz Panama

Panama ist einer der wichtigsten Finanzplätze in Lateinamerika. Ein äußerst liberales Bankengesetz lockte zahlreiche Kreditinstitute nach Mittelamerika. Die Finanzkrise ging an Panama weitgehend vorbei und brachte dem Finanzplatz sogar zusätzliche Investitionen. Nachdem sich die Schweiz zuletzt von ihrem Bankgeheimnis verabschiedet hatte, galt Panama vielen als neue Steueroase. Immer wieder gibt es Berichte über illegale Transaktionen. In den Achtzigerjahren war das Land das Bankenzentrum der kolumbianischen Drogenkartelle. Zuletzt bemühte sich Panama allerdings darum, dieses Image loswerden und sich als seriöser Finanzplatz zu positionieren. So erließ die Regierung eine Reihe neuer Richtlinien für Banken, Versicherungen, Immobilienfirmen sowie Wertpapier- und Edelsteinbörsen. Im Februar strich der OECD-Arbeitskreis für Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung (Gafi) Panama von der grauen Liste, auf der Staaten geführt werden, die beim internationalen Austausch von Finanz- und Steuerinformationen noch hinterherhinken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) lobt in seinem jüngsten Bericht die Stabilität des Bankensektors.

Ermittlungen in Panamaund zahlreichen Staaten weltweit

Nach den Enthüllungen hat der Unternehmerverband des mittelamerikanischen Landes "Null Toleranz" bei jeder Art von Korruption angekündigt. "Sie beschädigt den guten Namen Panamas und aller Panamaer", teilte der Verband am Montag mit. "Wenn einige Personen rechtliche Instrumente zu illegalen Zwecken benutzen, sollten sie bestraft werden." Die Veröffentlichung der sogenannten "Panama Papers" betreffe das ganze Land. Dabei habe Panama zuletzt eine Reihe neuer Gesetze erlassen, um das Finanzwesen transparenter zu machen und illegale Geschäfte zu verhindern. "Wir haben hart dafür gearbeitet, das Finanzsystem zu stärken, und internationale Abkommen ratifiziert, um es stabil und solide zu halten."

Nun leitet das südamerikanische Land Ermittlungen ein. Es werde geprüft, inwieweit Straftaten vorlägen und wie hoch möglicherweise entstandene finanzielle Schäden daraus seien. Costa Rica leitet ebenfalls Ermittlungen gegen in den "Panama Papers" erwähnte Personen, Unternehmen und Kanzleien ein. Es werde geprüft, ob Steuerhinterziehung oder Betrug begangen wurde. Dafür würden auch Informationen aus anderen Staaten angefordert. Ermittlungen oder Prüfungen wegen möglicher Vergehen soll es in Frankreich, Spanien, Australien, Israel, Spanien, den Niederlanden, Indien und der Schweiz, wie Behörden mitteilten. Die österreichische Finanzmarktaufsicht gab die Überprüfung zweier Banken in Auftrag. Aus den unter anderem von der Süddeutschen Zeitung ausgewerteten Dokumenten soll hervorgehen, dass zahlreiche Politiker, Sportler und Prominente ihr Geld in Offshorefirmen geparkt haben.

In Frankreich wurde die Zentralstelle für den Kampf gegen Korruption und Steuerdelikte (OCLCIFF) mit den Untersuchungen beauftragt. Medienberichten zufolge finden sich in den durchgesickerten Dokumenten die Namen von etwa tausend Franzosen. Der Sender France 2 kündigte an, am Dienstag über die Verwicklung von 2 Politikern in den Skandal zu berichten. Auch die Praktiken der Bank Société Générale würden beleuchtet. Nach Informationen der Zeitung Le Monde ist auch eine "große französische Partei" in die Affäre involviert.

Kremlsprecher Dmitri Peskow sprach von einem Versuch, Putin langfristig zu diskreditieren. Auch andere Moskauer Vertreter werteten die großangelegte Medienrecherche zu Briefkastenfirmen als Attacke des Westens gegen Russland. Nach Angaben des journalistischen Rechercheverbunds ICIJ tauchen in den "Panama Papers" Namen aus Putins Umgebung auf. Putin selber werde nicht genannt, hieß es.

Die spanische Staatsanwaltschaft befasst sich nach Angaben aus Justizkreisen ebenfalls mit den Enthüllungen Es wurde im Zusammenhang mit mutmaßlich illegalen Dienstleistungen der Kanzlei Mossack Fonseca für Kunden in Spanien Ermittlungen wegen Geldwäsche eingeleitet. 

Chinas Zensur hat die „Panama Papers“ mit Enthüllungen über Briefkastenfirmen auch von Verwandten hoher chinesischer Amtsträger im Internet geblockt. Nach Informationen der „China Digital Times“ in Hongkong vom Dienstag wies die Zensur die Staatsmedien an, Berichte über die Offshore-Firmen in Steueroasen zu suchen und diese zu löschen. Es wurde mit ernsten Konsequenzen gedroht, sollten dennoch Informationen auf Webseiten gefunden werden. In sozialen Medien wurde die Suche nach „Panama Papers“ oder den Namen der Genannten verhindert.

Internationale politische Reaktionen

Die isländische Opposition stellte nach Enthüllungen über eine Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln einen Misstrauensantrag gegen Regierungschef Sigmundur Gunnlaugsson. Dieser lehnte einen Rücktritt ab. Größerer innenpolitischer Ärger könnte dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko drohen. Er soll Recherchen zufolge im August 2014 auf dem Höhepunkt des Krieges im Donbass eine Offshore-Firma gegründet und seinen Süßwarenkonzern Roshen juristisch auf die Britischen Jungferninseln verlegt haben. Ziel sei es gewesen, Steuern auf einen möglichen Verkauf zu vermeiden. Poroschenko erklärte bei Twitter, er sei nach der Wahl zum Präsidenten nicht mehr an der Verwaltung seines Vermögens beteiligt gewesen und habe dies Beratungs- und Rechtsfirmen überlassen. Das ICIJ listet auch Fälle aus den Ex-Sowjetrepubliken Aserbaidschan, Georgien und Kasachstan auf.

Politiker in Europa forderten nach den Enthüllungen eine härteres Vorgehen gegen Steuerflucht und Geldwäsche. "Wir müssen Briefkastenfirmen und Stiftungen, deren wirtschaftlich Berechtigte anonym bleiben, weltweit verbieten", sagte Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) der SZ. Auch aus anderen Staaten kamen Forderung nach Konsequenzen.

Der amerikanische Präsident Barack Obama mischte sich in die ausgebrochene Debatte ein. „Es wird immer eine Art verbotener Bewegung von Fonds rund um die Welt geben, aber wir sollten es ihnen nicht einfach machen. Wir sollten nicht gestatten, sich an Transaktionen nur zu beteiligen, um Steuern zu vermeiden“, sagte der mächtigste Mann der Welt. Zugleich rief der den Kongress auf, Steuerschlupflöcher zu schließen. Reiche Unternehmen und Individuen sollten das System nicht manipulieren können, sagte er - wenn das geschehe, fühle sich der hart arbeitende Amerikaner betrogen.

Politische Konsequenzen in Deutschland:

Auf die Enthüllungen über Geschäfte mit Briefkastenfirmen in Steueroasen will Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) mit einem „Transparenzregister“ reagieren. „Die Heimlichtuerei muss ein Ende haben“, sagte Maas der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstag), dem NDR und dem WDR. Der Minister sieht darin ein wichtiges Instrument im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Terrorismusfinanzierung. Um Briefkastenfirmen aus der Anonymität zu holen, will Maas das deutsche Geldwäschegesetz ergänzen.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf der Bundesregierung vor, Reformen im Finanzsektor zu blockieren. „Wenn Finanzdienstleister mit Unternehmen Geschäfte machen, deren wirtschaftlich Berechtigte nicht bekannt sind, müssen sie empfindliche Strafen fürchten - doch bislang droht ihnen von Seiten der Bundesregierung kein Ungemach“, sagte Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke Mediengruppe „Vielmehr hat die Bundesregierung ein härteres Durchgreifen in Europa blockiert.“ Nötig seien international öffentliche Register, in denen die wirtschaftlich Berechtigten hinter einzelnen Unternehmen bekanntgemacht würden. Europa müsse dabei vorangehen.

Der Finanzminister und die deutschen Banken

Während des lange schon geplante  Festakt des Bundesverbands deutscher Banken kam u.a. das Thema „ Panama Papers“zur Sprache und überlagerten alle anderen Themen. Der Finanzminister hatte am Wochenende in seinem Zehn-Punkte-Plan Maßnahmen für „volle Transparenz“ bei Transaktionen mit Briefkastenfirmen angekündigt. Doch bei seiner Festrede anlässlich des Festakt des Bundesverbandes deutscher Banken ruderte er wieder zurück - zumindest teilweise. Der Ruf nach totaler Transparenz sei nicht zielführend. Nur die verantwortlichen Behörden sollten Informationen zu den wirtschaftlich Begünstigten, also den wahren Besitzern der Offshore-Konten, erhalten. Damit meint er natürlich sein Finanzministerium. Um diesem Ziel näher zu kommen, will er nun gemeinsam mit der OECD mehrere Schwachstellen im internationalen Finanzwesen beheben. Der neue Vorsitzende des Bankenverbands Peters kündigte an, die Maßnahmen zu „100 Prozent unterstützen“. Fitschen lobte Schäuble gar persönlich als einen der letzten Europäer, „der zu seinen Prinzipien steht.“

So sieht Schäubles 10-Punkte-Plan gegen Steueroasen aus
- Gewerbliche Geldwäsche
- Verjährung
- Strafrechtliche Verfolgung
- Transparente Steuersparmodelle
- Geldwäscheregister
- Firmenregister
- Überwachung
- Initiative 2017
- Schwarze Listen
- Automatischer Informationsaustausch

Die demonstrierte Gleichgesinnung kommt verdächtig schnell, ist aber verständlich. Die Banken sind vom Zehn-Punkte-Plan kaum betroffen. Lediglich einer der zehn Punkte schlägt vor, Geschäftsmodelle im „offenkundigen Graubereich“ für Banken unattraktiv machen zu wollen. Ansonsten geht es um die Umsetzung bestehender Richtlinien oder neuer Gesetze, die das Bankengewerbe nicht direkt betreffen. Banken haben seit der Finanzkrise dazu gelernt.

Viele von Schäubles Punkten kommen dem BdB sogar gelegen, würden sie doch das „risikobehaftete Miteinander“ von Banken und kriminellen Kunden von vornherein verhindern. „Für uns ist es eine unangenehme Situation, immer in Verbindung mit diesen Themen in ein Licht gerückt zu werden, in dem wir nicht gesehen werden wollen.“, so Fitschen, Deutsche Bank. Die Maßnahmen gegen Geldwäsche und Steuerbetrug im eigenen Haus seien seit Jahren intensiviert worden. Er verwies auf die 25.000 Anzeigen, die Banken im Jahr 2014 wegen Verdachts auf Geldwäsche erstattet hatten. Fitschen und Peters demonstrieren mit der Schäuble-Allianz also vor allem, was die Banken in den Jahren seit der Finanzkrise dazu gelernt haben: „Legal zu arbeiten, ist nicht mehr genug. So sagte Fitschen weiter: „Weil die Stimmung sich ändert, ist es auch unsere Aufgabe zu antizipieren, was in der Bevölkerung als akzeptabel gilt – auch ohne einschlägige Vorschriften.“

Panama will mit deutschen Steuerbehörden kooperieren

Nach den Enthüllungen der Panama Papers über abertausende Briefkastenfirmen in ihrem Land will Panamas Staatsführung den ramponierten Ruf ihres Landes aufpolieren und mit dem deutschen Fiskus zusammenarbeiten. Präsident Juan Carlos Varela sicherte Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem Telefonat zu, seine Regierung werde mit der Bundesrepublik über einen bilateralen Austausch von Steuerinformationen verhandeln. Sein Land, so Varela, sehe sich "der Transparenz des Finanzwesens" verpflichtet.

Als Reaktion hatte die Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G 20) kürzlich bei einem Treffen ihrer Finanzminister in Washington angekündigt, dass sie Sanktionen gegen Staaten ins Auge fassen wolle, die bei den Anstrengungen für mehr Steuertransparenz nicht kooperierten. Um dies zu verhindern, hat Panama bereits mit den USA und Kolumbien einen Vertrag über den Austausch von Steuerdaten geschlossen. Verhandlungen darüber laufen bereits mit Frankreich, Japan und in Zukunft also auch mit Deutschland.  

Für den mittelamerikanischen Staat waren die Panama Papers ein harter Schlag, brachten sie doch eine der wichtigsten Branchen des Landes in Misskredit. Das Finanzwesen ist neben dem Panamakanal und den Freihandelszonen die stärkste Säule der dortigen Wirtschaft. Derzeit verwalten rund 90 Banken mit 23.000 Angestellten über 83 Milliarden US-Dollar. Das Bankenwesen trägt zehn Prozent zum Bruttoinlandsprodukt von Panama bei. Zuletzt legte der Sektor kräftig zu.

EU geht bei Steueroasen geschlossen vor

Amsterdam - Nach Enthüllungen über die "Panama Papers" wollen die 28 EU-Staaten beim Austrocknen von Steueroasen geschlossen vorgehen. Der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem sagte, dass sich alle Staaten einer Initiative von Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich und Großbritannien anschließen werden. Die sogenannte Gruppe der G5 hatte in der vergangenen Woche in Washington angekündigt, so schnell wie möglich Daten über die "wirtschaftlich Begünstigten" hinter Briefkastenfirmen und anderen Firmenkonstrukten auszutauschen und Firmenregister zu vernetzen. "Das ist ein wichtiges Ergebnis", resümierte Dijsselbloem. Er gab aber zu bedenken, dass die Firmenregister in vielen EU-Staaten noch aufgebaut werden müssten. Es sei dabei noch viel Arbeit zu tun…

John Doe über Veränderungen in Politik und Gesellschaft

Angesichts der internationalen Debatte über Steuerpolitik stellt John Doe einige Forderungen auf. So bedürfe es einem Rechtsschutz für Whistleblower. Weil es den nicht gebe, habe er auf die Journalisten der SZ zugehen müssen. Er wäre bereit, im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Zudem forderte er eine transparentere Politik. Die EU solle die Firmenregister jedes ihrer Mitgliedstaaten offenlegen, Großbritannien das Bankgeheimnis in Überseegebieten abschaffen und die USA sollten ihr Wahlkampfsystem reformieren, das Steuerhinterziehung begünstige.

"Fünfzig Jahre lang haben Exekutive, Legislative und Judikative weltweit im Umgang mit Steueroasen, die sich wie Metastasen auf dem Globus ausbreiten, kläglich versagt", schreibt der Whistleblower. Politiker und Richter hätten – ermöglicht von korrupten und verantwortungslosen Anwälten - die Reichen verschont, während finanziell schlecht gestellte Medien nicht ernsthaft darüber berichteten. John Doe habe auch anderen Medienanstalten seine Dokumente angeboten, doch nur die SZ habe sich zur Veröffentlichung entschlossen.

Der Whistleblower prognostiziert einen Niedergang der Gesellschaft, die zwar Kapitalismus genannt werde, aber "in Wahrheit ökonomisches Sklaventum ist". Bisher hätte sich die Berichterstattung auf die Kanzlei Mossack Fonseca und deren "schmutzige Machenschaften" fokussiert. Der Whistleblower schreibt: "Es wird Jahre, vielleicht Jahrzehnte dauern, bis alles ans Licht gekommen ist."

Aktuelle Details um die Ermittlungen in Deutschland

Die Ermittlungen im Fall der sogenannten Panama Papers haben zu einem Streit zwischen Nordrhein-Westfalen und dem Bundeskriminalamt (BKA) geführt. Es gehe um die Frage von Zuständigkeiten und ausserdem um den Vorwurf mangelnder Kooperation berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ am 14.05.2017. So dringe das BKA darauf, dass ihm und der Oberfinanzdirektion Frankfurt Unterlagen zu einem seit drei Jahren bei der Staatsanwaltschaft in Köln laufenden Verfahren zur Verfügung gestellt würden. In dem Verfahren gehe es um verdächtige Briefkastenfirmen in Panama und Verantwortlicher der Kanzlei Mossa Fonseca. Der Streit schwele seit ein paar Wochen.

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans nannte das Vorgehen des BKA in einem Gespräch mit der „Westdeutschen Zeitung“ eine „Schikane gegen NRW“. Es wäre schon schlimm genug, wenn es nur Kompetenzgerangel wäre. „Noch schwerer wiegt der Verdacht, dass die Reputation der NRW-Steuerfahnder einigen ein Dorn im Auge ist“, sagte der Minister am Sonntag dem Blatt.

Das Bundeskriminalamt ermittelt nach SZ-Informationen im Fall Panama selbst seit einiger Zeit. Die Behörde wolle gemeinsam mit hessischen Finanzbehörden den Fall aufbereiten. Später sollen die Unterlagen bundesweit verteilt werden. NRW-Finanzminister Borjans sagte, die „erfolgreiche Arbeit der NRW Steuerfahndung“ solle damit „torpediert“ werden. Das BKA ging auf den Vorwurd bislang nicht ein. Eine BKA-Sprecherin lies es mit dem Hinweis bewenden, dass man sich zu dem Vorgang nicht äußern wolle.

28.06.2017 Achim Hemgenberg